Das alles sind ja nur Gedanken.
Nichts mehr, als Gedanken. Nein, tatsächlich denke ich nicht darüber nach, trotzdem weiß ich, wie mein Verstand rast. Er ist gerade voll mit Geschöpfen, die Luft zum Atmen brauchen und doch zugleich nach draußen wollen, freigesetzt werden möchten. Mir fällt es gerade schwer zu sprechen, auch, weil ich so isoliert bin und keinem zum Reden habe.
Ich weiß, dass Schreiben eine Art Medizin ist, um all das, was ich genau jetzt nicht sagen kann, auszusprechen. Irgendwo muss ich meine Stimme hin versetzten. Ich wünschte, ich könnte neues Leben erschaffen, doch weil mich etwas hält, schwebe ich in dem, was mich nicht gehen lässt. Etwas, was so stark ist, dass es mir die Sprache verschlägt und mich regelrecht bindet. Ich bin wütend auf das, was mich festhält, was ich festhalte und nicht gehenlasse. Ich bin hier, jetzt gerade in diesem Moment.
Schreiben hatte mir schon immer eine Stimme gegeben, die mir zusätzlich zur Verfügung stand, wenn all meine inneren Tonbänder ihre Lautstärken abgedreht haben und mich stumm dasitzen ließen.
Schreiben gibt mir einen Ton, eine Stimme. Jedoch muss ich die Stimme auf richtige Weise nutzen, ich kann sie nicht für irgendein Firlefanz benutzen. Ich muss sie genau so nutzen, wie sie in ihrer Natur auffindbar ist.
Ich bin wütend. Wohingegen ich weiß, dass niemand wütend sein kann. Das wäre genauso, wie wenn ich sagen würde „Ich bin gebrochen“, wenn ich ein gebrochenes Bein habe. Ich bin kein gebrochenes Bein, ich habe ein gebrochenes Bein und fühle dessen Symptome. Deswegen bin ich auch nicht die Wut.
Aus irgendeinem Grund entscheidet sich der Verstand trotzdem dafür, sich mit jeglichen Empfindungen zu identifizieren. Ich weiß auch nicht, wann er das gelernt hat. Es ist auf jeden Fall anstrengend sich so ausgiebig mit etwas zu beschäftigen, was nicht einmal das ganze Leben bleibt.
Etwas, was nicht einmal länger bleibt, als man zählen könnte. Es ist nur ein Moment, wenn man es möchte, doch wie eine Ewigkeit fühlt es sich an, wenn der Verstand sich damit identifiziert.
Man muss es zulassen. Man muss es alles zulassen.
Wenn man etwas versucht zu vermeiden, sich diesem Etwas nicht stellt, dann wird es bleiben.
So lange, bis man sich stellt. Genauso ist es mit jeglicher Empfindung. Sie wird nicht verschwinden.
Sie wird da bleiben, bis du dich ihr widmest. Fühl sie. Sei mit ihr präsent. Ignoriere sie nicht, sonst wird sie sich festsetzen und so lange in dir schlummern, bis du ihr die Aufmerksamkeit schenkst. Lass sie in ihrer ganzen Energie zu, nur so wird sie sich gesehen fühlen. Nimm sie in die Hand und streichle sie. Gib ihr keinen Namen, den braucht sie nicht. Sie möchte einfach nur anerkannt werden.
©Maya Rosch